Vorteile und Nachteile des bedingungslosen Grundeinkommens

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Immer Kleingeld zur Hand... das bedingungslose Grundeinkommen könnte viele Probleme lösen. Oder nicht?
Immer Kleingeld zur Hand... das bedingungslose Grundeinkommen könnte viele Probleme lösen. Oder nicht?

Spinnerte Utopie grüner Weltverbesserer oder das erfolgreiche Zukunftsmodell einer Gesellschaft, in der die menschliche Arbeitsleistung mehr und mehr durch Automation ersetzt wird?

Das bedingungslose Grundeinkommen wird kontrovers diskutiert. Wohl auch, weil ein Stück weit rationale Argumente der Befürworter durch eine emotionale Neiddebatte um Nichtstuer und arbeitsscheue Sozialschmarotzer ausgeblendet werden.

Wie funktioniert das bedingungslose Grundeinkommen?

Die meisten Konzepte gehen davon aus, dass jeder (volljährige) Staatsbürger einen monatlichen Betrag ohne Erbringung einer Gegenleistung erhält, aus diesem er seinen gesamten Lebensunterhalt bestreitet.

Im Gegenzug entfallen alle monetären staatlichen Sozialleistungen, einschließlich Kindergeld, Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowie Zuschüsse zur Rente und zur gesetzlichen Krankenversicherung für Familien.

Vorteile des bedingungslosen Grundeinkommens

Verteilungsgerechtigkeit

Das bedingungslose Grundeinkommen würde den Wert des Geldes für den Einzelnen relativieren:

Menschen unterschiedlicher Alters-, Bildungs- und Sozialschichten wären zumindest auf finanzieller Ebene gleichgestellt und so in der Lage, von denselben Chancen zu profitieren. Einer persönlichen Selbstverwirklichung (sei es gesellschaftlich oder im Berufsleben) stünde nichts mehr im Weg.

Mittelfristig könnte dies zu einer gerechteren Vermögensverteilung und Schließung der Einkommensschere führen. Sozial- und Neiddebatten nähme das nachhaltig den Wind aus den Segeln, was im Endeffekt zu einer zufriedeneren Gesellschaft führt und den sozialen Frieden sicherstellt.

Stärkeres Selbstwertgefühl für das eigene Ich

Unsere Gesellschaft wird sich zukünftig noch stärker auf Leistung und Wissen fokussieren. Automation und künstliche Intelligenz ersetzen einfache Jobs, selbst komplexe Tätigkeiten verschwinden mehr und mehr.

Wer hier aufgrund mangelnder Bildung einmal durch das Raster gefallen ist, fasst kaum mehr Fuß und wird dauerhaft prekären Beschäftigungsverhältnissen ausgeliefert sein. Einschließlich staatlicher Sozialhilfe im Alter.

Das Grundeinkommen könnte dies ändern. Es befreit vom Zwang, eine schlecht bezahlte Arbeit allein des Überleben willens annehmen zu müssen. Stattdessen kann durch Bildungsmaßnahmen in das eigene Weiterkommen investiert oder der nun weniger risikobehaftete Schritt in die Selbständigkeit gewagt werden.

Auch soziale Engagements wie die Übernahme umfangreicher ehrenamtlicher Tätigkeiten oder das Ausleben der eigenen Kreativität würden nicht mehr am „bestreiten-müssen“ des Lebensunterhalts scheitern. Ein Gewinn für die Gesellschaft.

Geringere Verwaltungsausgaben des Staates

Das jetzige Sozialsystem basiert auf einem komplexen Regelwerk, für dessen Umsetzung ein nicht weniger umfangreicher Verwaltungsapparat erforderlich ist.

Das bedingungslose Grundeinkommen würde viele bürokratische Abläufe im Sozialsystem überflüssig machen oder zumindest verschlanken. Grundsätzlich wären die so freigesetzten Ressourcen für eine Intensivierung der Bereiche Bildung und Wirtschaftsförderung einsetzbar.

Nachteile des bedingungslosen Grundeinkommens

Fragwürdige Finanzierbarkeit

Das bedingungslose Grundeinkommen kostet dem Staat – und damit dem Steuerzahler – Geld. Viel Geld. Bei der Berechnung einer möglichen Finanzierbarkeit spielen zudem etliche unkalkulierbare Faktoren eine Rolle. Schon allein, weil es bisher kaum praktische Erfahrungswerte gibt. Damit wäre das bedingungslose Grundeinkommen ein Glücksspiel mit hohem Einsatz.

Fehlendes Belohnungssystem für Leistung

Was geschieht, wenn Arbeit freiwillig wird? Kritiker gehen davon aus, dass Menschen es als ungerecht empfinden, wenn andere fürs Nichtstun „bezahlt“ werden, man selbst jedoch in einem Arbeitsverhältnis mit seinen entsprechenden Verpflichtungen und Einschränkungen steht.

Insbesondere bezweifeln die Gegner, dass die Steigerung des sozialen Ansehens durch Leistungsbereitschaft zur treibenden Kraft einer Gesellschaft werden könnte und so eine monetäre Vergütung als Anerkennung überflüssig macht.

Steigende Zahl von Wirtschaftsflüchtlingen

Ist das „Projekt Grundeinkommen“ auf ein einzelnes Land wie Deutschland oder einen Wirtschaftsraum wie die EU beschränkt, besteht die Gefahr der Einwanderung von Wirtschaftsflüchtlingen, welche sich ein Leben in Wohlstand versprechen.

Durch die Schaffung von Regularien zur Einreise (bzw. für den Bezug des Grundeinkommens) sowie der mittelfristigen Ausweitung auf andere Staaten, ließe sich dem vorbeugen. Das Grundeinkommen müsste damit zu einem globalen Phänomen wachsen. Kritiker halten dies für unwahrscheinlich.

Realistische Einschätzung zum Grundeinkommen

In Deutschland leben derzeit 69 Millionen Menschen, die 18 Jahre und älter sind (gerundet, Stand von 2016).

Erhielten diese Menschen monatlich 1.000 € als bedingungsloses Grundeinkommen, würde dies Ausgaben in Höhe von 828 Milliarden Euro jährlich verursachen. Dem Gegenüber stehen Jahreseinnahmen des deutschen Staates von derzeit ca. 340 Milliarden Euro.

Auf den ersten Blick erscheint also die Idee eines Grundeinkommens illusorisch zu sein.

Allerdings würde dies dem Staat auch enorme Kosten sparen, vor allem im sozialen Bereich (kein Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe, drastische Reduzierung der gesetzlichen Krankenversicherung). Auch die Einnahmen könnten sich durch eine möglicherweise steigende Wirtschaftsleistung erhöhen.

Erfolgsabhängiges Grundeinkommen?

Als erster Schritt wäre ein fondsgebundenes Grundeinkommen eine mögliche Vorstufe und Testfeld gleichermaßen: Ein gewisser Prozentsatz an Abgaben und Steuern wandert in einen Topf, wird auf dem Finanzmarkt investiert und im darauffolgenden Jahr ausgezahlt.

Damit ließen sich zwei Probleme lösen: Einmal könnte die finanzielle Belastung der Staatskasse gesenkt werden, und zum anderen wäre es möglich, durch gezielte Investitionen des Fonds soziale und ökologische Projekte nachhaltig zu fördern. Was mittelfristig wahrscheinlich höhere Steuereinnahmen nach sich zöge, die dann ebenfalls in den Fonds fließen.

Zukunft ohne Geld!

Dennoch kann das bedingungslose Grundeinkommen nur einen Übergang darstellen, nämlich jenen zu einer Wirtschaft ganz ohne Geld. Dies erfordert jedoch eine Gesellschaft, die bereit ist, ohne monetäre Leistungsanreize zu funktionieren. Das Ziel „materieller Wohlstand“ darf dann keine Rolle mehr spielen.

Welchen Sinn ein solches Leben hätte? Selbstverwirklichung, die Vergrößerung des eigenen Wissens, Zeit.


Autor: Tobias Eichner | Datum der Veröffentlichung: September 2018 | Letzte Aktualisierung: Mai 2021
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